Neues von der Wasserkante

 Am Ende dieser Seite: Stintgeschichten 

 Foto: die Elbe bei Blankenese. 


 

 

 

 

 

 Lausige Zeiten 1 

 

 Hein Kaps hat eine Laus, 

 Die trinkt gern Schnaps. 

 Er nennt sie Klaus. 

 Zur Mittagszeit lugt Klaus 

 Dem Kaps zum Kragenknopfloch raus, 

 Und klagt: Mensch Kaps, 

 Du trinkst ja Schnaps zum Essen 

 - Wo bleibe ich? 

 Grad ausgekämmt, und schon vergessen? 

 

 Und Klaus verliert alsbald 

 Die Contenance und dann den Halt 

 Und stürzt, bereuend schließlich, 

 Jetzt fast schon frei von Neid, 

 (Obschon nicht weniger verdrießlich) 

 Mitten in Kaps' Teller. Und verzeiht.

 Doch rettet ihn das nicht, 

 Zu heiß ist das Gericht. 

 Das ist das Ende von Kaps' Laus 

 Im Labskaus. 

 

 

 

 

 Frühling in Hamburg 

 

  In Hamburg blüht, Hammonia, 

 Seit kurzem die Mahonia! 

 Und an der Bille Badesaum 

 Trägt Blüten schon der Sadebaum. 

 

 Man reist aus lauter Stadt zur Bille 

 Und findet dort beim Bad zur Stille. 

 Auf Picknickdecken das Soupieren 

 Erfreut die Sinne wie's Poussieren. 

 

 Dazu ein "Holsten", geelen Sud, 

 Ach ja, das tut den Seelen gut! 

 Und langweilt sich der Horstel beim 

 Rommee, geht's nach Groß Borstel heim. 

 

 

 

 

 Seine Heimat ist die See 

 

 Muß auf Kaimauern 

 Im Mai kauern, 

 Wer keine Heimat 

 Im Mai hat. 

 

 Hat in den Morgen reingefeiert, 

 Am Pier noch einmal fein gereihert, 

 Ist dann zum Schiff mit Saus geeilt 

 Und trotzdem achteraus geseilt.  * 

 

 "Ach, solches macht mir einen Wahn! 

  So fing er gleich zu weinen an. 

 "Ich sehne mich nach Mandalay, 

 Und auch nach deiner Lende, May!" 

 

 Nachrede: 

 

 Es tranken die Matrosen, 

 (die von der Barke "Stier") 

 So manch Spirituosen, 

 Dazu das starke Bier. 

 

 * Seemannssprache: er hat in einem Hafen

 sein Schiff nicht mehr rechtzeitig erreicht. 

 

 

 

 

 

 Schiffskoch, talentlos 

 

 Seemannslos: 

 Lehmanns Soß. 

 

 

 

 

 Sozial engagiert 

 

 Ein Nervenarzt aus Eppendorf 

 Singt Samstags für die Deppen Orff. 

 

 

 

 

 An der Elbe 

 

 "Was sollen all die Stacken nützen?" 

 "Die sind Hammonias Nackenstützen. 

 Sollt's Weib sich am Gewässer betten, 

 Dann ruht es so viel besser, wetten?" 

 

 

 

 

 Fischer sin Fru 

 

 Die Fischersfrau, die's Kind gestillt, 

 Hätt lieber einen Stint gekillt. 

 Doch weil ihr Mann nicht stillen will, 

 Befolgt sie seinen Willen still. 

 

 

 

 

 Nachts um halb eins 

 

 Wir gehören zusammen 

 Wie der Stint und der Bär... 

 

 Nicht übel staunte B. Peer Rahn. 

 Das gibt's nur auf der Reeperbahn: 

 

 "Besorg sofort zwei Ringlein klein, 

 Sonst stoß' ich dir das Klinglein rein!" 

 

 

 

 Friesland 

 

 Im Mai verlacht man fiesen Wind, 

 Den man in Wald und Wiesen find. 

 Und winters man der Flocken lach: 

 Erst Sturm legt Schafes Locken flach. 

 

 

 

 

 Ladekabel futsch 

 

 Der Bruder des Kain, Abel, 

 Vermißte jüngst ein Kabel: 

 

 "Kain, stecktest du mein Kabel ein?" 

 "Nein, leider hab ich, Abel, kein." 

 

 Man findest's bei drei Kabeljauen, 

 Die's Kabel mit 'ner Jabel kauen. 

 

 

 

 

 Hatsuko 

 "Recht angenehm, mit Seitenwind, 

 Zu segeln heut die Weiten sind - 

 Wir wollen Wale fangen! 

 

 Das Schiffchen schaukelt moderat, 

 Und schon kotzt ziemlich roh der Maat. 

 

 Sah Moby Dick, und weinerlich 

 Vom Segler ganz allein er wich, 

 Und hatte fahle Wangen. 

 

 

 

 

 Wale unter sich 

 

 Dat Frollein Amt nöölt dauernd: "Bitte warten!" 

 Ick segg di nur: dor kriegst du witte Barten! 

 

 

 

 Hafenkrankenhaus 

 

 Ins Koma sich der Stauer soff: 

 Am Baumwall erst ganz sacht een, 

 Dann Kööm auf Schuppen Achtzehn, 

 Zwölf Klare an der Landungsbrücke, 

 Mit Blaulicht durch die Brandungslücke... 

 Man gab ihm schließlich Sauerstoff. 

 

 

 

 

 Schandfleck 

 

 (Aus "Schüttelbier") 

 

 Gallionsfigur? Ein Stevengreiner! 

 Darauf schnell ein Grevensteiner. 

 

 

 

 

 Am Fluß 

 

 Abend an der Elbe 

 

 Wenn der Tag zur Neige geht 

 Am Elbestand, im Flachen, 

 Ab und an ihr Feen seht, 

 Die glucksen, kichern, lachen. 

 

 Hier ist Hafenlärm ganz weit, 

 Hier schweigen böse Worte, 

 Neid und Hass, und Zank und Streit 

 Am zauberhaften  Orte. 

 

 Dampfer schneiden Wellen an 

 Wie eine Sahnetorte. 

 Möven ziehen ihre Bahn, 

 Den Schiffen als Eskorte. 

 

 

 

 

 Turbulenzen 

 

 Horch, verhaltnes Zirpen da! 

 Die Krabbenband vertäute! 

 Fiedel und Schalmei, oh ja! 

 Mit Ruh ist Schluß für heute. 

 

 Schon beginnt die Flunder auf 

 Der Floss' am Schwanz zu steppen. 

 Lustig ist sie heute drauf. 

 Bemüht sich gar zu rappen! 

 

 Elbe-Schwof vor Stade gäbs,  

 So schallts jetzt allerorten. 

 Auch der junge Taschenkrebs 

 Ergibt sich diesen Worten. 

 

 Trommelstöcke zieht er raus 

 Aus seinen Einkaufstaschen. 

 Gleich erhebt sich ein Gebraus 

 Von Wirbeln, weichen, raschen. 

 

 Singend kommen, Leib an Leib, 

 Die Elbe-Feen geschwommen. 

 Unten Fisch und oben Weib, 

 Manch Atem geht benommen. 

 

 Fassen sich jetzt Seit an Seit. 

 Der Krebs sacht Tempo schiebt. 

 Wiegen sanft sich, haben Zeit. 

 Der Krebs: spontan verliebt. 

 

 Stieben bald mit Lust dahin, 

  Zu jedermanns Erbauen. 

 Manchem weckt der Tanz den Sinn 

 Für Körper schöner Frauen. 

 

 Schneller abermals, der Takt! 

 Konturen jetzt beginnen, 

 So er ihre Leiber packt, 

 Im Taumel zu verschwimmen. 

 

 Dröhnen jetzt, das Herz schlägt  laut! 

 Die Elbe kommt ins Sieden! 

 Jedem in der Runde graut: 

 Wer wird den Fluß befrieden? 

 

 Eine wilde Mannsgestalt 

 Führt jetzt die Teufelsritte. 

 Stulpenschuh, Gesicht uralt, 

 Er springt in ihre Mitte! 

 

 Seht nur - der Klabautermann!  

 Er wirbelt Feen im Kreise. 

 Sucht sich nur die schönsten aus, 

 Nach alter Seemannsweise. 

 

 Faßt gleich Zwei bei ihrem Schwanz. 

 Mit ihm die Feenschar - 

 Das ist Raserei, kein Tanz! - 

 Hintobt mit Schupp und Haar. 

 

 

 

 Schluß und aus 

 

 Schnelle, wie der Spuk begann, 

 Die Turmuhr geht auf Viere, 

 Naht nun bald der Schluß heran. 

 Man trinkt die letzten Biere. 

 

 Barschmama die Flosse drückt. 

 Ein Seepferd bietet Heimritt. 

 Bärschin, überaus entzückt, 

 Der Barsch schon zügig dreinschritt. 

 

 Elbe-Feen schließen nun 

 Beseligt ihre Lider. 

 Sinken, möchten nur noch ruhn, 

 Gleich bei den Stacken nieder. 

 

 

 

 

 S t i n t g e s c h i c h t e n 

 

 

 Um eine Stint-Dame 

 

 Spricht scharf zum Wal der Thunfisch: 

 "Wie kannst du sowas tun, Fisch? - 

 Den Dreizack?" fragt der Walfisch, 

 "Das Schleppnetz? Hast die Wahl, Fisch" 

 

 

 

 

 Nikolaiken 

 

 Im Winde leis die Linde saust, 

 Am Spind sich das Gesinde laust. 

 Das Vieh schon in die Wiesen beißt, 

 Die Magd noch schnell die Biesen weißt. 

 

 Dann brät sie eine Eierpfann', 

 Denn heut steht eine Feier an: 

 Der Stinthengst* soll des Blühjahrs frühen 

 Start begehen im Frühjahrsblühen. 

 

 Verheißt den Fischern ohne Zahl 

 Die Plötzen dieser Zone, Aaal, 

 Im herrlich grünen Binnenland. 

 So steht es in dem linnen Band. 

 

 Der Stint, in frischem Lacke, ei 

 Soll sich erfreuen an Akelei! 

 Ihm Kränzchen wollen wir wacker in den 

 Wiesen, auf dem Acker winden! 

 

 Das war von allen lieb gedacht, 

 Doch heimlich hat ein Dieb gelacht. 

 Und als die Wasser schlapp geebbt, 

 hat er den Stinthengst abgeschleppt! 

 

 Nun ist er auf der Reise, Leute! 

 Ob es den Dieb schon leise reute? 

 Verdankt man's Jungen? Späten Greisen? 

 Wir müssen jetzt wohl Gräten speisen! 

 

 Gleichwohl, man soll vom Weine trinken, 

 Dem Stinthengst hinterdreine winken! 

 Und kommen hier die Diebe lang, 

 Dann spüren sie unserer Liebe Dank! 

 

 Doch wie's in einem Märchen heißt, 

 Krümmt man dem Stint kein Härchen meist. 

 Und falls ihn jemand retten kann, 

 Bekommt er stärk're Ketten ran. 

 

 * Wahrzeichen der Stadt Nikolaiken (heute Miko³ajki) in Masuren: 

 Bekrönter hölzerner Fisch, Patron der Fischer, vor einer Brücke 

 verankert, Figur Geschenk der Stadt Remscheid. 

 

 

 

 

 Der Zauberstint 

 

 Ein Stint aus Kappeln an der Schlei 
 Versteht sich auf die Zauberei. 

 Wenn er es wünscht, dann bläst der Wind, 
 Selbst wenn da keine Wolken sind. 

 Und ab und an 
 Gibt’s auch Orkan. 

 Doch wenn der Stint will, 
 Dann ist es windstill. 

 

 

 Liebesstress 

 Ein Stint aus Kappeln an der Schlei 
 Liebt’ selbstaufopfernd einen Hai. 
 Zusammen schwammen sie hinaus 

 Bei Flaute und bei Sturmgebraus, 
 Und tummelten sich liebestoll. 
 Nicht Weins, doch Ostseewassers voll. 

 Das ging von Februar bis Mai, 
 Doch dann erkrankte unser Hai. 
 Der Kreislauf flau, ein Kiemen preßt... 

 Trotz allen Glücks: die Liebe streßt! 
 Wieso nun grad der Hai erschlafft, 
 Das bleibt wohl allen schleierhaft. 

 

 

 

 

 © Peter Möck, Berlin 

 

 

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